Entwirrung der Verwirrung …

Unsere Expertin Susanna Haitzer bringt „Licht“ in die Thematik der tiergestützten Therapie


Mit Hunden anderen Menschen zu begegnen und nach deren Bedürfnissen in eine Interaktion zu gehen, ist nicht verwirrend. Die Vielzahl der Begriffe (siehe Grafik) aber schon. Sie sind wie in vielen anderen Bereichen auch oft Versuche, sich abzugrenzen oder sich hervorzuheben, oder sind einfach aus Schreibfehlern entstanden. In diesem Beitrag versuche ich also, Licht in die ganze Sache zu bringen. Eines jedoch vorweg: Das Feld der tiergestützten Interventionen ist sehr groß.

Offizielle Richtlinien und deren Interpretation
In Österreich ist gem. § 39a Abs. 10 BBG Richtlinien für Therapiehunde und Assistenzhunde genau geregelt, wer was sein darf. Aus Anlass der nötigen Novellierung der Gesetze des Assistenzhundewesens von 2014 wurden Therapiehunde hier dazu genommen, da bis dahin diese keine gesetzliche Erwähnung fanden – daher auch der Begriff Therapiehunde. In den Richtlinien wird aber explizit vom Therapiebegleithund gesprochen. Nun wissen wir, dass in Österreich der Begriff Therapiebegleithund der richtige ist, wenn auch in vielen Beiträgen, Foren etc. nach wie vor abgekürzt wird. Aber das ist genau genommen sehr schlecht für die gesellschaftliche Anerkennung der tiergestützten Interventionen, bringt ja der Begriff „Therapiehund“ so einen Beigeschmack, als würde der Hund „therapieren“. Ist das so? Nein! Der Hund kann in tiergestützten Interventionen nur mit seinem Menschen gezielte Maßnahmen umsetzen, um therapeutische Fortschritte zu erreichen – sei es in der Psychologie oder Psychotherapie, wo der beiwohnende Hund als Eisbrecher oder Multiplikator fungieren kann.


In der Bewegungstherapie eines Physiotherapeuten kann der Hund als entsprechender Motivator eingesetzt werden. Er kann als Begleitung bei Gehversuchen oder bei Gelenksmobilisierungen durch kreative Übungen helfen. Einen Würfel zu werfen, um die Schulter zu bewegen, ist lustig. Es ist auch wesentlich erfreulicher, kleine Leckerchen aus einer Dose zu fingern, als die gleiche Übung mit Holzklötzchen mit dem Ergotherapeuten zu erarbeiten. Der Logopäde setzt Worte ein, die der trainierte Hund dann ausführt. Dieses Therapiebegleithundeteam aus Halter und Hund, kurz TBHT, wird hier durch den Therapeuten ergänzt und entsprechend in die Therapie eingefügt. Ohne Hundehalter geht es nicht, denn sonst weiß der Therapeut nicht, was der Hund alles kann, und der Hundehalter nicht, was der Therapeut erreichen möchte. Nur mit einem gemeinsamen Therapieplan kommt man ans Ziel.

Oftmals werden auch Besuchshunde als Therapiebegleithunde angesehen. Sind diese ebenfalls staatlich geprüft und nach den gesetzlichen Vorgaben ausgebildet, sehe ich keinen Grund, hier eine Unterscheidung zu machen. Einzig die Definition von tiergestützter Therapie, kurz TGT, ist hier eine andere. Wir sprechen hier von tiergestützten Aktivitäten, wenn ein TBHT in eine geriatrische Einrichtung geht und ungezielt mit den Menschen interagiert. Aber geht das TBHT in dieser Einrichtung speziell in Kleingruppen auf die individuellen Ressourcen und Defizite ein, dann sprechen wir schon von tiergestützter Förderung, und ist auch noch ein Therapeut dabei anwesend, dann von tiergestützter Therapie. Das TBHT bleibt jedoch bei allen Varianten das gleiche.

Daher ist es vorrangiges Ziel einer kompetenten Ausbildung, den Menschen zu schulen. Natürlich wird auch der Hund auf sein späteres Einsatzgebiet vorbereitet. Und damit sind wir bei den Spezialisierungen. In § 39a Abs. 10 BBG wird in keinster Weise von Lesehunden, Schulhunden, Präsenzhunden etc. gesprochen, sondern nur von Therapiebegleithunden.

Was braucht es also konkret?
Obwohl dies so ist, wird von vielen Ausbildungsstätten eine auf ein Einsatzgebiet beschränkte Form der Ausbildung angeboten. Dies ist vor allem für die Berufsgruppen sehr verwirrend. Oft kommt die Meinung: „Wenn ich meinen Hund in der Schule einsetzen möchte, muss ich ja keinen Therapiehund ausbilden.“ Das stimmt aber nur bedingt. Sobald ein Mensch mit Behinderung im Klassenverband ist, sollte ein Therapiebegleithund eingesetzt werden. In Zeiten der Inklusion finden wir kaum mehr Klassen ohne Integration. Der Erlass des Bundesministeriums für Unterricht GZ.BMB-10.010/97-Präs.6/2017 definiert den Präsenzhund als einen Hund, der rein im Klassenverband anwesend ist, den Schulhund, der initial in definierten Stunden eingesetzt wird, und den Therapiebegleithund. Gemeinsam ist allen, dass sie die Abschlussprüfung der vom Gesetzgeber beauftragten Prüfstelle im Messerli Forschungsinstitut (angesiedelt an der Vetmeduni Wien) positiv ablegen müssen und die regelmäßig vorgegebenen Nachkontrollen zu absolvieren haben. An diese Prüfung sind Richtlinien gebunden, wie die Vorlage eines Leumundszeugnisses, eines Nachweises für eine personalisierte (also in der Polizze verankerte Chip-Nummer, Name und Verwendungszweck des Hundes) Hundehaftpflichtversicherung im Ausmaß von 1,5 Mio. Euro, das tierärztliche Gesundheitszeugnis sowie eine Ausbildungsbestätigung entsprechend den in § 39a Abs. 10 BBG vorgegebenen Inhalten.

Gibt es den Beruf des tiergestützten Therapeuten? Nein!
Oftmals kommt die Frage: Kann ich als Therapiebegleithundeteam beruflich tätig sein? Die Antwort ist klar: Nein, das Berufsbild „Tiergestützter Therapeut“ gibt es nicht, und die Einsatzhäufigkeit des Tieres ist zudem stark begrenzt (z. B. Einsatz des Hundes 8 Mal/Monat für 45 Minuten). Ich kann allerdings als Therapeut oder Pädagoge mein Angebot entsprechend erweitern und verteuern. Dann sind alle Ausgaben steuerlich absetzbar. Als Laie kann ich mit einer Einsatzentschädigung rechnen. Diese variiert von reinem Fahrtkostenersatz bis ca. 50,- Euro pro Setting. Schwierig wird es, wenn ich in meinem Angestelltenverhältnis TGT zusätzlich einbringen möchte. Hier sind die Arbeitgeber kaum bereit, dies zu entlohnen. Es macht hier Sinn, schon vor Beginn einer Ausbildung eventuell einen Kostenersatz oder eine Beihilfe für die Ausbildungskosten zu beantragen. Anfragen beim Arbeitgeber kann auch nicht schaden – für die laufenden Kosten, wie z. B. Versicherung, entsprechendes Equipment für die TG-Settings, Leckerlimaterial etc. Als Gewerbe kann ich entweder nur ein freies Gewerbe anmelden oder mich bei der WKO erkundigen, in welchen Bereich mein Handeln am besten passt (z. B. Personenbetreuung).

Susanna Haitzer
ist unter anderem akademisch geprüfte Kynologin, tierschutzqualifizierte Hundetrainerin und staatlich beauftragte Therapiebegleithunde- und Assistenzhundeprüferin. Sie ist Obfrau des Vereins „Tiere Helfen Leben“, eines Vereins für tiergestützte Therapie. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, eine Weiterbildung mit Fachrichtung „Tiergestützte Therapie“ auf höchstem Niveau anzubieten, und ist seit 2010 ESAAT (European Society of Animal Assisted Therapy) zertifiziert.

www.tiere-helfen-leben.org.

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